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Richtungweisende Entscheidung des AG Krefeld

Behinderte Eigentümerin darf Treppenlift auch gegen die Stimmen einzelner Eigentümer einbauen.

In menschlicher und richtungsweisender Art und Weise hat das Amtsgericht Krefeld - den drohenden Zwangsverkauf der Wohnung und den daraus notwendigen Umzug einer älteren Dame verhindert.

Diese hatte sich vor geraumen Jahren in Krefeld in der ersten Etage einer Wohnungseigentumsanlage ihren Altersruhesitz schaffen wollen. Im Laufe der Jahre verschlimmerte sich allerdings ihr Hüftleiden derart, daß sie nicht mehr in Lage war, die Treppen zusteigen und konnte deshalb ihre Wohnung fast nicht mehr verlassen. Auf eigene Kosten wollte sie sich daher im Treppenhaus einen sog. Treppenlift installieren lassen. Auf diesem hätte sie sitzend das Hindernis "Treppenhaus" überwinden können.

Das Treppenhaus in Wohnungseigentumsanlagen gehört allerdings gesetzlich nicht einem Eigentümer allein sondern allen Eigentümern gemeinsam. Da der Einbau eines sol-chen Treppenliftes jedoch gemäß dem Wohnungs-eigentumsgesetz eine "bauliche Veränderung" darstellt, wäre ein einstimmiger Beschluß aller Eigentümer notwendig gewesen. Bis auf ein Eigentümerpaar stimmten auch alle Eigentümer zu, damit wäre aber eigentlich der Beschluß gescheitert gewesen und die ältere Dame hätte nur noch ausziehen können.

Die Eigentümer, die dagegen waren, argumentierten, daß die Seniorin doch ausziehen könne. Der Treppenlift würde eine Gefahr für sie darstellen.

Mit Hilfe ihres Anwalts richtete die Seniorin einen Antrag an das Krefelder Gericht mit dem Ziel, das Gericht möge feststellen, daß in diesem speziellen Falle eine Einstimmigkeit nicht notwendig ist. Nachdem bestätigt werden war, daß ein späterer Ausbau der Anlage finanziell gesichert ist, urteilte der Krefelder Richter am Amtsgericht:

"Die Antragsgegner (die anderen Eigentümer) haben die Beeinträchtigung zu dulden. Die Antragstellerin kann nicht darauf verwiesen werden, ihre Wohnung zu verkaufen und in eine Wohnung im Erdgeschoß zu ziehen....... Die Verweigerung, einem behinderten Wohnungseigentümer den Einbau eines Liftes zu gestatten, würde eindeutig eine Diskriminierung darstellen. Auch der Behinderte muß, wie der Gesunde, die Möglichkeit haben, seine Wohnung zu erreichen.... Es entspricht auch der Billigkeit den Antragsgegnern L., die sich als einzige gegen den Einbau des Liftes gewendet haben, die Kosten des gerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen." (Beschluß AG Krefeld 38 UR II 88/98 WEG vom 9.7.99)

Mitgeteilt durch
RA Andreas Neuber, Hauptstraße 19, 47809 Krefeld, eMail: neuber@pnw.de

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